Ostküste Indien 20.11. - 6.12.2023

Eingewöhnung mit Hindernissen

Aus den Reiseberichten anderer waren wir nach Bhutan auf einen Kulturschock eingerichtet: drängelnde Menschenmassen, chaotischer Verkehr, viele vehement Bettelnde, Geruchsbelästigungen und sofortige Magen-Darm-Probleme. Nichts von dem bewahrheitete sich bisher in diesem Ausmaß. Womit wir nach unseren Reiseerfahrungen im Rest von Asien und in Lateinamerika allerdings nicht gerechnet hatten, war wie beschwerlich und kompliziert es sein kann Unterkunft und Transport zu buchen.


Der kürzeste und damit günstigste Flug aus Bhutan nach Indien geht nach Kolkata, ehemals Kalkutta (Westbengalen). Allerdings kommen dort nur wenige internationale Flüge an, so dass wir in der Ankunftshalle weder Wifi hatten, noch einen Geldautomaten fanden (den gabs in der Abflugshalle, zu der man aber eigentlich nur Zutritt mit einem Abflugsticket hat!). Auch der Kauf einer Touristen SIM-Karte wie bei der Ankunft am Flughafen in Kathmandu war nicht möglich. Trotz intensiver Reiseführer- und Internet-Recherche vorab waren wir auch nicht in der Lage, den Bus in die Stadt zu finden. Das Prepaid-Taxi (bei dem wir mit dem Fahrpreis nicht übers Ohr gehauen werden können) buchte uns schließlich ein freundlicher Inder über seine App. Am Hotel angekommen eröffnete man uns, dass sie keine Konzession für die Unterbringung von Ausländern hätten (wir waren aber vorab nach der Buchung mehrfach per Mail zu einer Anzahlung aufgefordert worden*). Man buchte uns innerhalb der Kette in ein anderes Hotel gleich ums Eck um, das war ok. Das inbegriffene Frühstück bestand dort aus 3 Scheiben Toast und einem Päckle Butter mit einer Tasse Instant-Kaffee, das uns frühesten um 8.30 Uhr aufs Zimmer gebracht werden konnte, um es dort auf dem Bett zu verspeisen. Da die Besitzer im Rezeptionsbereich übernachteten, war auch ein früheres Verlassen des Hotels kaum möglich. Das Leben beginnt hier aber sowieso später, Läden öffnen nicht vor 10 Uhr.

* Wohl eine aktuelle Betrugsmasche über booking.com, auf die wir gottseidank nicht reingefallen sind.


Es kostete uns einen weiteren Tag, um halblegal in einer Marktstraße an eine bereits registrierte SIM zu kommen, der Händler fuhrwerkte mit 3 Handys rum, um eine Bestätigungs SMS zu bekommen. Am Tag drauf fuhren wir mit der Metro in einen weiter entfernten Stadtteil raus, wo es ein Office gibt, in dem Ausländer Zugtickets kaufen können. Für die Züge ins 500km entfernte Puri gibt es allerdings kein Touristen-Kontingent. Also zum normalen Ticketschalter. Wir wollten 2 Tage später mit dem Nachtzug in der etwas besseren 2AC Klasse fahren, also klimatisiert mit 4 Liegen in einem Abteil. Die Dame am Schalter füllte geduldig das Formular (müssen alle ausfüllen!) für uns aus, ergänzte die Pass- und Visadaten und nannte uns plötzlich den fünfachen Preis von dem, was wir rausgesucht hatten. Bis wir ne halbe Stunde später dann bereit gewesen wären diesen Preis zu zahlen, hatte der sich um weitere 10 € erhöht und nach unserem wiederholten Zaudern nochmal. Mit der Hilfe eines netten Inders in der Schlange hinter uns buchten wir schließlich eine Fahrt tagsüber in der “Holzklasse”, 8 Stunden auf engen Dreierbänken mit Luftkühlung durch Ventilator und offenem Fenster. Der Versuch, uns für die offizielle App für Online-Ticketbuchung zu registrieren, blieb bis heute trotz vielfacher Bemühungen v.a. von Thomas vergeblich. Unser Hotel lag zwar in einem moslimisch geprägten Viertel mit Moscheen und alkoholfreien Restaurants, allerdings war die Questmall, ein eher luxuriöses Shoppingcenter mit Supermarkt und eingegliedertem Liquorstore (Alkoholladen) nicht weit weg. Bier gibts in ganz Indien nur in diesen Liquorstores oder zertifizierten Restaurants zu kaufen, die Preise unterscheiden sich je nach Bundesstaat.

Das Sightseeing an den von uns gewählten Stationen an der Ostküste Indiens bestand im Wesentlichen aus Kolonialbauten, Tempeln, Strand (nicht Badestrand!) und Kirchen. Trotz Buchungsbestätigung wollte man uns in Puri (Odisha) zunächst kein Hotelzimmer geben, bis der Manager die Buchung bei booking.com fand, allerdings war das Hotel eine Baustelle inklusive Staub und Lärm, der Pool leer. Wir wechselten bereitwillig  ins Nachbarhotel. Mal wieder war unser timing grandios, an diesem Vollmond war ein ganz besonderes Fest im Bundesstaat Odisha, das mit Böllern und Feuerwerk und einem Bad im Meer begangen wird. Uns war der Strand hinterm Hotel etwas zu müllig, der gesäuberte Teil zu weit weg.

Es gibt wohl vier Pilgerorte, die ein indischer  Hindu in seinem Leben einmal besucht haben sollte (Char Dham). Dazu zählt der Jagannath Tempel in Puri, Nicht-Hindus haben keinen Zutritt. Wir fuhren mit dem Bus zum Sonnentempel in Konark raus. Dort hätte man meinen können, dass wir die Hauptattraktion seien, so viele Inder wie auch da darum baten, sich mit uns ablichten zu dürfen. 



Da die Züge ins 1200km entfernte Chennai sowieso ausgebucht schienen und unsere Erlebnisse am Ticketschalter wenig motivierend waren, beschlossen wir mit 2 Nächten Zwischenstopp von Bhubaneswar aus nach dort zu fliegen. Auch dort lassen sich viele Tempel besuchen, auf dem Weg dorthin kamen wir an zwei Hochzeitsumzügen der Bräutigame zu den Bräuten mit Schirmen und Musikern vorbei. 


Seit Kolkata verhandelten wir digital mit einem Paketunternehmen darüber, wie wir unsere Wanderstiefel und warmen Klamotten nach Hause schicken könnten. Sie hätten einen Abhol- und Verpackungsservice, aber von Chennai aus wärs geschickter. Also warteten wir ab 15 Uhr in unserem Hotelzimmer auf die Abholung der vorbereiteten und aufgelisteten Klamotten…. und gaben vollkommen genervt um 19 Uhr auf.  Am nächsten Morgen meldete sich der Abholbote, als wir uns gerade schon mit Metro und Zug auf den Weg zum Paketdienst machen wollten, bliebe immer noch das Problem mit der Bezahlung über ein indisches Konto. Vom Regen am Tag zuvor waren wir die großen Pfützen auf dem Straßen schon gewöhnt (wenn vorhanden werden Bürgersteige für alles Mögliche zweckentfremdet), allerdings musste man vom Bahnsteig aus zum Büro waten! Wir überwachten das Verpacken und das Adressieren des Pakets, löhnten 55 Euro in bar und…warten noch heute auf die versprochene Trackingnummer. Dann wollte jemand dafür per WhatsApp ein “Addar Card Foto”? vom Absender, wie sich rausstellte eine digitale indische ID, als indischer Perso. Hört ihr unsere Augen rollen? (Update von heute, das Paket ist schon in Mumbai).

Von dem Transportunternehmen aus zogen wir etwas unvorbereitet (und ungefrühstückt) zum Sightseeing in Chennai (Tamil Nadu) los und wanderten recht weit in sengender Sonne am Fort vorbei (keine Restaurants) zum wenig einladenden Strand (nur Strandbuden, uns hygienetechnisch etwas zu heikel zum Essen), wo uns ein Motorikshaw Fahrer sanft überredete, uns zum französischen Quartier zu fahren. Und auch dort konnten wir im ersten Einheimischen-Restaurant den Obern leider nicht begreiflich machen, was für ein Essen wir gerne auf unser Bananenblatt serviert bekommen würden und verließen hungrig und frustriert um halb drei das Etablissement. Wenig später bekamen wir in einem Kantinen-ähnlichen Restaurant mit englischen Essenbezeichnungen was Leckeres zu essen und danach noch nen Original indischen Kaffee mit süßen Stückle. Bis dahin hatte der Kapaleeshwarar Tempel dann auch wieder auf und abschließend liefen wir gestärkt zum Leuchtturm.

Weniger kompliziert als befürchtet fanden wir am nächsten Morgen den Linienbus nach Puducherry, der ehemaligen französischen Kolonialstadt Pondicherry. Durch wahre Sintfluten pflügte der Fahrer mit dem Bus, fuhr wie ne gsengte Sau meint Thomas, ich hab die vier Stunden größtenteils verschlafen, weil mein Husten mich die ganze Nacht wachgehalten hatte. Wie sich später rausstellte, waren wir dem Tropensturm/ Zyklon Michaung, der Chennai nur Stunden später unter Wasser setzte, gerade noch entkommen.

In Puducherry wars dann tropisch warm, die ehemaligen Kolonialbauten vergammeln in dieser humiden Hitze , es gibt viele Kirchen, die Straße an der Promenade ist für den Verkehr gesperrt. Alles ist etwas entspannter, auch die Alkoholrestriktionen (ne Flasche Bacardi Rum konnten wir hier vor der Einreise in den alkoholrestriktiven Bundesstaat Kerala noch günstig erstehen). Es war nicht einfach, an die Tickets für den recht bequemen Sleeperbus mit einer mit Vorhang vom Gang abgetrennten Doppelliege in die Hauptstadt vom Bundesstaat Kerala an der südlichen Westküste zu kommen, aber jede Mühe wert.


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Kommentare: 1
  • #1

    Thomas H. (Mittwoch, 27 Dezember 2023 14:31)

    Und Kalkutta liegt doch am Ganges! Wie jeder weiss! �