Langtang Trek 17. -25.10.2023

Kindergeburtstag oder herausforderne Mehrtageswanderung?

Nachdem nur einer von uns den Annapurna Circuit von Anfang bis Ende durchgelaufen ist, stellte sich die Frage, ob wir nochmal trekken gehen und wenn ja, wohin. Ich schlug das Langtang Gebiet nördlich von Kathmandu vor, suchte aber eigentlich eine weniger höhenmeterintensive Route aus (den Tamang Heritage Trail, auf der Karte der Weg links von Syabrubesi). Thomas entschied, dass der eigentliche Langtang Trek viel interessanter sei. Bei vielen Touranbietern wird er als “moderat” und “für Einsteiger und Familien geeignet” gelistet. Ich musste bei den Höhenprofilen der Tagesetappen etwas schlucken, entscheidet bei folgender Auflistung unserer Tagesetappen selber, ob Kindergeburtstag oder Herausforderung.

1ter Tag: Syabrubesi 1430m bis Lama Hotel 2480m; 11,3km; insgesamt 1414m hoch und 379m runter

2ter Tag: Lama Hotel bis Langtang 3445m; 11,6km; insgesamt 1062m hoch und 97m runter

3ter Tag: Langtang bis Kyanjin Gompa 3854m; 6,6km; insgesamt 409m rauf und Ausflug zu den Tsona Seen, 2,6km; 126m runter und rauf

4ter Tag: Besteigung des Kyanjin Ri 4604m, 4,4km; insgesamt 715m rauf und runter

5ter Tag: Besteigung des Tsergo Ri 4985m, 12km, insgesamt 1332m rauf und runter (nur Thomas)

6ter Tag: Kyanjin Gompa bis Bamboo 2020m; 21,7km, insgesamt 111m rauf und 1951m runter

7ter Tag: Bamboo bis Syabrubesi 1456m; 6,5km, insgesamt 242m rauf und 802m runter

Manche hängen dann noch den Gosai Kunda Trek dran (auf der Karte rechts unten), uns hat's dann aber gereicht.


Quelle: https://www.adventuregreathimalaya.com/langtang-trek/
Quelle: https://www.adventuregreathimalaya.com/langtang-trek/

Auf den ersten 5km läuft man auf einer nicht asphaltierten Straße zu einer Baustelle. Ab dort führt die Route über einen schmalen Weg für Fußgänger und Mulis. An den steilen Stellen führen unebene Stufen aus behauenen und unbehauenen Steinquadern und -blöcken an den ersten beiden Tagen durch den Wald. Dazwischen kann der Weg matschig sein oder man überquert auf teils wackligen Steinen kleine Wasserfurten. Auf jeden Fall läuft man ständig rechts oder links vom mächtig rauschenden und gurgelnden Langtang Gebirgsfluss mit seinen reißenden Wassermassen und glattpolierten Felsblöcken. Immer wieder kommen einem mehr oder weniger erschöpfte Wanderer einzeln oder meist in Gruppen mit Guides entgegen, denn der Rückweg aus dem Tal führt über die gleiche Strecke. Alle Vorräte müssen von Muli- Karawanen nach oben transportiert werden. Träger schleppen Touristengepäck oder ebenfalls Vorräte. Die Unterkünfte zwischen Syabrubesi und Langtang sind alle eher einfache Bretterverschläge mit Außentoilette und -Dusche, die bezahlt werden muss. Strom kommt aus Solaranlagen, wird also nur für die Beleuchtung des Gemeinschaftsraums und der Küche genutzt. Für das Laden von Handys benutzt der modernen Trekker seine Powerbank oder eigene Solargadgets. Wifi muss auch bezahlt werden und ist eher schwach. Abends wird dann der Ofen im Dining Room angeworfen und alle versuchen sich möglichst nah darum zu scharen, denn sobald die Sonne weg ist, wird es kalt, je höher desto kälter. Danach riecht alles schön nach Lagerfeuerchen.


Sobald sich der Wald kurz vor Ghodatabela lichtete, war ich Thomas sehr dankbar, dass er mich von diesem Trek “überzeugt” hatte. Ich finde ihn weiterhin anspruchsvoll, aber jeder Mühe wert und empfehle ihn hiermit allen. Zuerst erhaschte man nur kurze Blicke auf sonnenbeschienene, verschneite Gipfel. Auf dem weiteren Weg Richtung Langtang wurde man mit einem immer verheißungsvolleren Panorama beglückt. Im Himalaya Café zeigte uns der Wirt bei einer Tasse mit köstlichem Cappuchino Poster mit Bildern vom Ort, bevor 2015 beim Erdbeben ein riesiger Erdrutsch das halbe Dorf mit Einwohnern und Touristen, Guides und Trägern in die Tiefe riss und verschüttete. 


Am dritten Tag stand eine einfachere Etappe an. Zu Beginn liefen wir an langen buddistischen Mauern mit Gebetssteintafeln entlang (der Nationalpark liegt an der tibetischen Grenze, viele Einheimische haben tibetische Wurzeln und begrüßen sich eher mit Tashi Deleg als mit Namaste). Das Tal öffnete sich langsam und die ersten wilden Yaks mussten für Fotos posieren. Mit jedem Schritt wurden nun weitere Gipfel am Horizont sichtbar. Kurz vor dem Ziel säumten wassermühlen-betriebene Gebetsmühlen den Bach. Bunte Gebetsflaggen wehten vor der großen Stupa, von der auch hier die eigentlich für Kathmandu typischen Augen Buddhas schauten. Große bunte Buchstaben auf einem Felsblock wirkten mit dem Gletscher im Hintergrund mystisch. Der letzte Teil des Weges führte an der Wasserpipeline des kleinen Wasserkraftwerks entlang und schließlich über eine Hängebrücke, deren bunte Gebetsfähnchen eifrig im Wind flatterten. Und dann eröffnete sich der Blick auf einen noch viel größeren Gletscher.


Am Ortseingang wurde man von eifrigen Wirtsleuten empfangen, die bei dem Überangebot an Zimmern um Gäste warben. Dank der Hartnäckigkeit der Wirtin vom Evening View Hotel in Kyanjin Gompa landeten wir in dieser recht komfortablen Bleibe. Es stellte sich heraus, dass ihr Mann uns auf dem Weg entgegen gekommen war und uns auch schon das Visitenkärtle zugesteckt hatte. Abgesehen von einem Grüppchen von 4 jungen Nepalesen blieben wir an dem Abend die einzigen Gäste, die sich um den Ofen scharten.


Am nächsten Morgen brachen wir alle zum Kyanjin Ri Gipfel auf, die Jungs schon früher, wir erst so gegen 7 Uhr. Ich in Daunenjacke, Thomas in kurzen Hosen, bedingt durch die deutlich unterschiedliche Laufgeschwindigkeit auf dem steilen Pfad, weswegen wir uns schon unten trennten. Am unteren Gipfel auf 4300m angekommen, genoss ich den Ausblick, wollte aber auf keinen Fall auf demselben Weg absteigen. Jemand erzählte mir, dass der alternative Weg vom oberen Gipfel einfacher sei, weshalb ich weiter anstieg und versuchte, nicht nach rechts und links zu schauen. Thomas kam mir der Kommunikation wegen auf demselben Weg entgegen, er hatte die Jungs schon am ersten Gipfel überholt und sie oben empfangen, wollte aber nur noch runter. Als ich schließlich überglücklich oben ankam, traf ich die Jungs und andere oben an. Als schließlich auch andere den alternativen Abstieg wählten, machte auch ich mich auf die Route, die schon auf der Offlinekarte mit den Höhenlinien einen weniger steilen Eindruck gemacht hatte. Ich fand sie auch optisch attraktiver. Um kurz nach 10 Uhr war auch ich unten und genoss gemeinsam mit Thomas und den Jungs einen Tee auf der sonnigen Dachterasse des Hotels. Thomas hatte inzwischen bei der Käserei Yakkäse besorgt, den wir beim Wirt der Dorje Bäckerei mit seinen Brötchen genossen. Auf seinen leckeren Applepie kamen wir erst einen Tag später zurück. Im Laufe des Tages waren weitere Gäste eingetroffen, deren Guides das Dashain Fest mit ein “wenig” Rum in der beheizten Küche feierten. Nachdem wir alle unser Abendessen erhalten hatten, stürmte die gutgelaunte Bande den Dining Room und eröffnete die Tanzfläche. Sogar unser schüchterner Koch gab eine kleine Chippendale Show zum Besten, bei der er seine “six Momos”, also die Bauchmuskeln spielen ließ. Ein gelungener Abend.


Am folgenden Tag brach Thomas schon um 6 Uhr bei eisigen Wind zum Tsergo Ri Gipfel auf knapp 5000m auf und kam relativ entkräftet und ein wenig enttäuscht nach etwa sechs Stunden zurück. Er meinte, dass die Aussicht nicht wesentlich besser als am Tag zuvor war, dafür dass die Besteigung harte Arbeit gewesen war. Als ich daunenjackenbewehrt um zwanzig vor acht zum Frühstücken mal wieder auf der sonnigen Dachterasse saß, erzitterte plötzlich das ganze vierstöckige Haus. Ein Franzose und ich schauten uns etwas unbehaglich an und erhielten die Bestätigung, dass es ein Erdbeben gewesen war, aber mehr als 120km entfernt.

PS: Wen interessiert, welche Berge man da sieht, kann auf folgender hilfreichen Seite recherchieren  https://www.himalaya-info.org


Wir hatten genug von den Minusgraden in der Nacht und brachen am folgenden Tag den Rückweg an. Hätten wir vorher schon gewusst, dass dies bedeutete, dass der Bus nach Kathmandu unvorstellbar voll gestopft wurde, weil alle von den Familien-Zusammenkünften zu Dashain wieder nach Hause oder in den Tempel wollten, hätten wir das Panorama in Kyanjin Gompa vielleicht noch einen weiteren Tag genießen wollen. Ich bot an, ein kleines Mädchen auf den Schoß zu nehmen (die davon nicht so richtig begeistert war) und bei allen am Gang Sitzenden wurde es zusätzlich kuschelig, da die Hinzugestiegenen auf den Armlehnen Platz nahmen. Es wurde nach hinten aufgerückt bis Sardinendosen- Zustände erreicht waren. Dann wurden viele auf einen Bus Wartende am Straßenrand einfach stehen gelassen. Hatten wir uns auf der Hinfahrt noch geärgert, dass der Bus schon wieder zuerst Richtung Kathmandu fuhr, statt den direkteren Weg zu nehmen, kurvten wir auf der Rückfahrt auf dem vermeintlich kürzeren Weg wieder auf Serpentinen am ShivaPuri Nagarjuna Nationalpark zu einem fast 2000m hohen Pass, bevor es durch beinahe zu schmale Gassen nach Kathmandu runterging.

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Kommentare: 3
  • #1

    Meike (Donnerstag, 02 November 2023 21:23)

    Ahhh wie cooooool!! Respekt , Julia, dass du auf diesen hohen Berg rauf bist!!

  • #2

    Gerd Rebmann (Montag, 06 November 2023)

    Hallo Julia! Hallo Thomas!
    Faszinierend diese Photographien einer Hochgebirgslandschaft voller Schönheit. Und doch kann man anhand der Bilder sicherlich nur vage erahnen, welch erhebendes Gefühl einen beim Wandern durch solch eine Welt ergreift.
    Weiterhin alles Gute wünscht Euch,
    Gerd aus Saarbrücken

  • #3

    Maria/Uwe (Sonntag, 12 November 2023 18:38)

    Hut ab ihr zwei....Kerner Turm wäre einfacher gewesen �
    Glg��