Krokodile, Nashörner und Tiger
Und mal wieder durften wir uns mit dem Bus bis Dumre durch unsere heißgeliebte staubige Großbaustelle des Pokhara - Kathmandu Highways quälen. Zudem ließ sich die Rücklehne meines Sitzes nicht arretieren, also zog ich sie je nach Vibrationsintensität alle 5 - 15 min wieder in die aufrechte Position. Umsichtige Busfahrer sind ja wünschenswert, aber dieser fuhr auch nach dem Abzweig nach Bharatpur auf asphaltierter Straße mit einer Maximalgeschwindigkeit von nur 40km/h und wurde sogar von Lastern überholt. Nach etwa 8 statt prophezeiten 5-6 Stunden für die etwa 170km kamen wir in Sauhara an, der “Eingangspforte” in den Chitwan Nationalpark im südlichen Tiefland Nepals (Therai).
Wir fühlten uns durch den Hotelbesitzer des Chitwan Village Resorts bestens über die Optionen beraten den Nationalpark zu erleben und erkundeten das Örtchen erstmal. An der Fluss”promenade” lag schon das erste Willkommens-Krokodil auf der gegenüberliegenden Sandbank. Ab etwa 17 Uhr beobachteten wir die Karawanen von Touris, die von der Jeep Safari zurückkamen.
Den nächsten Tag konnten wir gemütlich angehen, weil wir erst um 12.45 Uhr zur Jeepsafari im Nationalpark antreten durften. Zuerst bestiegen wir den Einbaum zu zehnt und wurden dann durch die Strömung des Raptiflusses zum gegenüberliegenden Ufer gestochert. Wackelige Angelegenheit. Dort verteilen sich die Gruppen auf die Jeeps und fahren einer nach dem anderen immer tiefer in das Grasland und den Urwald rein. Nach den ersten Vogel- und Affensichtungen hielt der Jeep schließlich bei der Krokodilaufzuchtstation. Ungeduldig warteten dann alle auf die erste Nashornsichtung. An einer Wasserstelle konnte man dann in der Ferne ein Horn und zwei Ohren aus der von Grünpflanzen bedeckten Wasseroberfläche ragen sehen. Der Jeep fuhr gerade schon wieder an, da erhob sich das Tier gemächlich und kletterte ans Ufer, so dass wir begeistert das ganze Nashorn fotografieren konnten. Auf der Rückfahrt trafen wir noch auf Soldaten, die den Nationalpark überwachen. Sie hatten an dem Tag die traurige Aufgabe, den Kadaver eines am Morgen vom Tiger getöteten Nashornbabys mit Elefanten aus dem Grasland herauszuholen.
Der nächste Morgen startete früh mit einer Kanufahrt im Einbaum auf dem Budi Rapti River. Während wir friedlich den Fluss runtertrieben, ließen sich jede Menge Vögel, beide Arten von Krokodilen und Rehe an den Ufern sehen. Von der Ausstiegsstelle waren es nur noch wenige Schritte zum Elefanten Aufzucht Zentrum, wo die Mütter und Kälber gehalten werden. Die Zucht findet mit wilden Elefantenbullen statt. Unser Führer Jagat von unserem Hotel erzählte uns von dem nach Ronaldo benannten erfolgreichsten Zuchtbullen. Anschließend machten wir uns zu einem Jungle Walk in der Pufferzone des Nationalparks auf, dem sog. Communal Forest, der von den angrenzenden Tharu Dörfern verwaltet wird. Wir schlossen uns einem weiteren Guide mit zwei indischstämmigen Londonerinnen an und machten uns auf die Suche nach Nashörnern. An einem gefluteten Waldstück wurden wir schließlich fündig und waren beeindruckt, wie mächtig diese kurzsichtigen Tiere in der Wildnis wirken, wenn kein Zaun wie im Zoo dazwischen ist. Wir entfernten uns leise wieder und hörten plötzlich das “Bellen” eines im Wald verborgenen Hirschs (Muntjak) in der Nähe. Als dieses gar nicht wieder aufhörte, sahen sich die beiden Guides an und wiesen uns leise an, nah beieinander am Wegrand zu stehen und auf die Weggabelung in etwa 50m Entfernung zu achten. Nach einer Viertelstunde wurde das Bellen weniger intensiv und wir schlichen über den matschigen Weg wieder zurück zum Tümpel, um zu sehen, ob der Tiger irgendwo dort badete. Denn sicher war wohl, dass nur ein Raubtier den Hirsch so in Aufregung versetzt haben konnte. So blieben frische Fußabdrücke, Kratzspuren in der Rinde und angeblich intensiver Geruch nach Tigerpippi die einzigen Beweise für die Anwesenheit der Großkatze. Ich war mir auch nicht sicher, ob ich den Tiger wirklich so nah hätte sehen wollen, beschützt von zwei Guides, die nur mit massiven Bambusstöcken ausgestattet waren; der Finger ruhte aber schon auf dem Videoknöpfchen der Kamara, um diesen Augenblick nur ja nicht zu verpassen. Langsam wurde es sehr warm in den langen Hosen und dem langärmeligen Oberteil, die wir anziehen sollten. Auf dem Rückweg fanden wir noch ein badendes Nashorn in einem Wasserloch, das genüsslich vor sich hinschnaubte und nur ab und an die Fliegen durch eine Wackeln der am Rand behaarten Ohren zu verscheuchen versuchte. Zum Schluss begegeneten wir noch den von ihren “drivers” geführten Elefantenmamas mit ihren Kindern auf dem Weg zum Essen und Baden. Eine rundum zufriedenstellende Exkursion.
Als wir danach dösend im gutgelüfteten Zimmer der Mittagshitze zu entgehen versuchten, kam ein Hotelangestellter und rief aufgeregt nach uns. Hatte sich doch eins der Nashörner über den Fluss ins Dorf begeben und graste friedlich auf einer Wiese direkt neben dem Hotel. Aus respektvoller Entfernung beobachteten auch die Einheimischen das Panzertier und pfiffen beunruhigt zu vowitzige Kinder zurück. Nur ins Reisfeld durfe der große Graue nicht, da wurde er auf die Straße vertrieben, wo er dann gemächlich seinen Weg zurück in den Nationalpark suchte.