Annapurna Circuit 15.9. - 1.10.2023

Ohne Schweiß kein Preis

https://www.nepaltrekkinginhimalaya.com/pages/annapurna-round-trekking-map
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Viele blanke Fakten wie Gesamtdistanz, Höhendifferenzen und Entfernungen auf den Tagesetappen und Temperaturen lassen sich googlen. Außerdem findet man unzählige Blogs mit Beschreibungen der einzelnen Tagesetappen, wir wollen euch damit nicht langweilen, haben aber einige Höhenangaben eingefügt. Ich (Julia) bin 15 Tage unterwegs gewesen, Thomas 17 Tage. Wie im Zwischenbericht erläutert haben wir am 8ten Tag unterschiedliche Richtungen eingeschlagen, Thomas nach Nordwesten, um die Umrundung des Annapurna Bergmassivs mit Abstechern zu weiteren “Höhepunkten” im wahrsten Sinne des Wortes zu vollenden, ich habe nach einigen Tagen den Rückweg Richtung Südosten angetreten.


Geplant und organisiert haben wir das Trekking in Pokhara, der Entschluss einen Guide zu nehmen fiel auf meinen Wunsch (Julia). Der Preis eines Führers hängt von seiner Qualifikation ab, wir haben gespart und “you get what you pay for”. Raju ist als Nepalese ein sehr höflicher Mensch, 33-jähriger Familienvater, herzensgut, aber nicht sehr profesionell. Die ersten Etappen lief er in Badeschlappen und trug seine Wanderstiefel in einer Henkeltasche in der Hand. Leider vergaß er Thomas am dritten Tag, (den ich im Jeep zurücklegte), vor den Blutegeln zu warnen. Am meisten litt aber er in seinen Schlappen. Auf dem Rückweg mit mir trug er für diese Etappe Stiefel und hatte sich mit kleinen salzgefüllten Säckchen bewaffnet, um den Blutsaugern entgegenzutreten. Bis dahin war der Weg aber abgerocknet und es gab keine mehr. Für die wirklich steilen Etappen zum Icelake bei Bhraka und zum Tilicho Lake hinkte er Thomas mit seiner Fitness deutlich hinterher und kam jeweils mindesten ne halbe Stunde später an. Er fragte schon vor der Abfahrt, ob ich nicht einen Porter (Träger) engagieren wollte, war aber einfach zu höflich, mir deutlich zu machen, dass ich den Pass nicht schaffen werde. Er plante, uns zu dritt die äußerst anspruchsvolle Variante von Upper Pisang aus verkürzt laufen zu lassen. Thomas schritt ein und ordnete an, dass Raju und ich die einfachere Variante (lower way) der Straße entlang (gar nicht so unattraktiv oder verkehrsreich wie sich das anhört) laufen, er den oberen Weg und wir uns dann in Bhraka vor Manang treffen. Letztendlich war es auch seine Idee, Raju nach dem Tilicho Lake von Shreekharka aus zu mir zurückzuschicken, damit ich runtertrecken kann und nicht den Jeep nehmen muss. Mit diesem Vorgehen waren wir, glaub ich, alle drei am besten bedient.


Ja, wie soll man die vielfachen Eindrücke in Worte fassen? Unser Trek begann am ursprünglichen Ausgangspunkt Besisahar auf 760m nach einer beschwerlichen 5 stündigen Busfahrt und Mittagspause in eher subtropischem Klima (Breitengrad von Nordafrika) bei schwülen 28 Grad. Hier rächte es sich schon, dass der Rucksack spärlicher gepackt hätte sein können. Die erste Hängebrücke und der erste Wasserfall noch ein Erlebnis. 


Die Herbergen für die Nacht werden Teahouses genannt, hört sich viel romantischer und unmoderner an, als die Hotels tatsächlich sind. Die Ausstattung (Stehklo, Westernklo, Dusche im oder außerhalb des Zimmers….) variiert, die Preise sind lächerlich niedrig (0 - 7 Euro). Dafür kostet das Essen mit jedem zurückgelegten Kilometer mehr. Morgens am besten Porridge mit Banane oder Apfel, mittags ne Cola und Nudeln/Nudelsuppe, abends für Hungrige Dhal Baat (Nachschlag inklusive) oder was das Herz begehrt, inzwischen auch Pizza, Spaghetti oder Burger. (Letzteres gönnten wir uns tatsächlich beide in Manang, einer die Yak-Version und eine die Veggie Version mit Knoblauchsoße).


In Chame (2650m) verbrachten wir die 3te Nacht. Mich brachte der Jeep ab Jagat dorthin. Holprige “Straße” am Abgrund entlang, immer wieder mussten schmale Stellen mit Geröllresten vom letzten Erdrutsch überquert werden oder am Gegenverkehr milimetergenau vorbeirangiert werden. Ungefähr auf der Hälfte der Fahrt wurden zwei kräftige Damen und ihr Gepäck eingeladen, da saßen wir dann zu viert auf die Rückbank gequetscht mit Bohnen und Teppichen und was weiß ich für Zeug auf dem Schoß. Thomas und Raju legten diese Strecke von eigentlich zwei Tagesetappen an einem Tag zurück, die Wahnsinnigen. Beim Runterlaufen empfand ich sie als eine der schönsten Streckenabschnitte abseits der Straße, Blick auf Wasserfälle und steilabfallende, grüne Hügel. ICH hätt die vielen Stufen und steilen Trampelpfade nicht hochlaufen wollen.

Ab Chame wurde es kühler, plötzlich lief man durch Pinienwälder, die Felswände wurden noch steiler und karger, besonders eindrucksvoll war die Felswand Swarga Dwar (Paungda Danda), wörtlich übersetzt das Tor zum Himmel, die wir vom verglasten Restaurant unseres Hotels in Upper Pisang aus noch bewundern konnten. Hier fiel die Entscheidung auf zwei verschiedenen Wegen bis Bhraka zu laufen. Und hier gaben die Wolken früh am nächsten Morgen den überwältigenden Blick auf eine Kette schneebedeckter Gipfel frei.

In Bhraka (3460m) bzw. Manang (3520m) verbrachten wir mehrere Tage. Thomas und Raju brachen früh morgens zum Khicho Ice Lake auf 4620m auf. Im Tal hingen die Regenwolken noch tief. Einige von euch werden die atemberaubenden Bilder von der Spiegelung der Gipfel auf der Wasseroberfläche vielleicht schon in Thomas WhatsApp Status bewundert haben. Zusammen mit einer Yakherde machten sie sich wieder auf den steilen Weg runter nach Brakha.


Von Manang aus versuchten wir vom Cho Ngar Viewpoint Blicke auf den Gangapurna Gletscher zu erhaschen, der See wurde mit einer Flutwelle vor ein oder zwei Jahren zerstört. Während Thomas und Raju zum Tilicho See auf 4920m wanderten (da gabs ja auch schon Bilder im Status zu sehen), erkundete ich die Gegend um Manang, gönnte mir Yak-Käse Brötchen als Vesper und stieg bis zum Kloster unter der Milarepa Höhle hoch. Mit all den flatternden Gebetsfahnen beinahe ein spirituelles Erlebnis. Dank anregender Gespräche mit Evelyn und Veronika abends im Hotel New Yak fühlte ich mich nicht so einsam.


Am 11ten Tag, also dem 25.9. brach Thomas alleine Richtung Thorang La Pass auf und übernachtete im Highcamp. Er traf immer wieder die Leute, mit denen wir unterwegs oder in Hotels ins Gespräch gekommen waren, Raju und mir kamen beim Abstieg immer größere Gruppen entgegen, viele mit Trägern. Es sieht einfach sehr inhuman aus, wie sie diese Gepäckstücke von etwa 30kg mit einem Band über ihre Stirn befestigt den Berg hoch schleppen. Auf der anderen Seite gibt diese Tätigkeit ihnen die Möglichkeit Geld zu verdienen. Ich fand es ehrlicher, meinen Rucksack selber zu tragen. Einige der Entgegenkommenden fragten besorgt nach meinem Gesundheitszustand, ob ich wegen der Höhenkrankheit wieder umgedreht hätte. Inzwischen führt die Piste bis nach Manang und einige denken, sie müssten mit dem Motorad oder Jeep direkt dort hoch fahren und dann geschwind als Wochenendausflug über den 5417m hohen Thorang La Pass steigen, keine gute Idee ohne Höhenakklimatisation!


Thomas startete um 5 Uhr morgens im Dunkeln und erreichte als einer der ersten den Pass, es hatte etwas geschneit, aber die Sicht war gut. Der Abstieg führte ihn dann ins 1620 Höhenmeter tiefergelegene Muktinath, wo sich auch ein hinduistischer Wallfahrtort befindet und somit die Hölle los war. Viele beenden hier ihren Cicuit und fahren zurück oder fliegen von Jhomsom aus. Thomas wanderte noch bis Marpha (2700m) runter und genoss dort nicht nur den Applecrumble (Apfelstreuselkuchen).


Seine letzte Station sollte Poon Hill sein. Mit dem Bus fuhr er nach Tatopani, badete in saumäßig heißen Quellen und legte dann in nur einem Tag die schweißtreibenden 1700 Höhenmeter nach Ghorepani zurück. Und wie schon zum Tilicho See und zum Thorang La Pass bewaffnete er sich morgens um 5 Uhr mit seiner Stirnlampe. Diesmal wollte er zum Sonnenaufgang am 3210m hohen Poon Hill sein, mal wieder nicht ganz alleine. Um sich danach einen Jeep für die Rückfahrt nach Pokhara zu organisieren, musste er deutlich weiter absteigen als erwartet und traf von den Anstrengungen der letzten zwei Wochen sichtlich ausgemergelt um 15Uhr im Hotel in Pokhara ein. Der Blinde am Seeufer freute sich später darüber, dass Thomas 20 Rupien zahlte, um sein Gewicht auf der Waage zu checken.


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Kommentare: 4
  • #1

    Maria (Dienstag, 03 Oktober 2023 18:07)

    Thomas du bist verrückt �‍♀️...

  • #2

    Kristina M. (Donnerstag, 05 Oktober 2023 16:50)

    Der absolute Wahnsinn was ich in den Beiträgen lese… gefällt mir und atemberaubende Bilder… freu mich auf den nächsten Beitrag…. ganz liebe Grüße ���

  • #3

    Meike (Donnerstag, 02 November 2023 21:04)

    Was für beeindruckende Bilder. Man kann erahnen, wie es sich anfühlen muss, dort drin zu sein und rundum blicken zu können. Toll!!

  • #4

    Doro (Sonntag, 31 Dezember 2023 19:20)

    Ja Wahnsinn!!